Wir machten uns mit Dame und Masai früh auf den Weg. Bockige Essel, Ziegen und Strassenränder voll mit Kindern erlauben nicht gerade Spitzengeschwindigkeiten. Zudem haben unsere Stoßdämpfer auf dem Weg mehr Löcher gesehen als Tiger Woods, also hieß es langsam fahren, was auch ganz gut war denn so konnten wir die Landschaft besser betrachten.
Wir kamen ab von den vielbefahrenen Straßen und umso tiefer wir ins Land hinein fuhren, umso größer wurden die Augen der Kinder als sie die beiden Weißen im Auto sahen. Und immer kriegten wir auf ein Lächeln und winken ein noch größeres Lächeln und laut rufendes Winken zurück. Ich nutzte jede Gelegenheit um auszusteigen und sofort bildete sich eine interessierte aber skeptische Traube von Kindern und Jugendlichen um mich. Ein bißchen rumalbern half immer um das Eis zu brechen, nicht das ich sonst albern bin aber hier hat es geholfen...
Unterwegs sagte Patrick plötzlich: „look Tolga, there are some coffee trees“. Ich bat Masai sofort anzuhalten und da waren sie endlich, meine ersten Kaffeepflanzen!! Ich stieg aus und ging einmal zwischen den Sträuchern durch das Feld hindurch. Es war als ob ich eine langen Briefreund endlich kennenlerne, ein lange Verschollener seine Familie wieder trifft, der Knacki seine Zeit abgesessen hat und endlich seine große Liebe in die Arme nehmen kann, Romeo trifft Jul... o.k. Ich drifte ab.
Es war halt sehr bewegend. Ich alberte noch etwas mit den Kindern rum, die sich natürlich um mich versammelt hatten und wir fuhren weiter.
Die „Shilcho“ Kooperative ist nach dem gleichnamigen Dorf benannt und da Roasters United nun zwei Jahre in folge ihren Kaffee importiert hat und wir auch dieses Jahr 200 Sack von ihnen beziehen möchten war es uns wichtig sie zu besuchen.
Shilcho besteht aus ca. 2178 Kleinbauern welche letztes Jahr 2100 Säcke Kaffee produziert haben. Ihre Zentrale liegt in einer wundervollen Landschaft zwischen Bergen und Tälern und sie produzieren herrlichen, gewaschenen Kaffee. Hierzu haben sie zwei Waschstationen zum aufbearbeiten des Kaffees. Eine besonderheit ist, dass sie das Wasser, welches sie hierfür verwenden auffangen, vom Fruchtfleich reinigen, welches dann getrocknet als Dünger benutzt wird, und entweder wieder zum waschen verwenden oder in einem extra angelegten Tümpel leiteten, wo es verdunstet. Sie haben ausserdem eine eigene Aufzucht für neue Kaffeepflanzen und, wie alle Farmen die wir gesehen haben, kaum Dünger oder extra Mineralien nötig, die Pflanzen wachsen einfach! Es ist ein Kaffeeparadies.
Angekommen, wurden wir im Büro von Mitgliedern des „board of members“, Farmern und vielen anderen sehr höfflichen Leuten begrüßt. Ihr „chairman“ war gerade in Hawassa bei der Sidama Union Jahresversammlung.
Nach ca. einer Stunde Unterhaltung, wir hatten jede menge Fragen, gingen wir in einen Rundbau aus Lehm und Stroh wo uns in großer Runde Kaffee und Brot serviert wurde. Ich hatte natürlich alles dabei und bereitete eine Aeropress zu und servierte diese wiederum den Einheimischen.
Wir machten einen Rundgang durch die Koop, besichtigten die Aufzucht für neue Pflanzen, die Pulpmaschine und Waschanlage und die Wiederaufarbeitung des benutzten Wassers. Auch hier hatten wir viele Fragen, ich z.B. sah das alles, was ich seit Jahren nur aus Büchern kannte zum ersten mal greifbar vor mir, und wir wollten unbedingt die Struktur und Abläufe der Kooperative verstehen. Auch hier erklärten uns die Mitglieder, z.B. der Qualitymanager alles sehr genau.
Wir besuchten eine Farm eines Mitglieds der Koop und erahnten was für eine harte Arbeit der Kaffeeanbau ist und wurden bestätigt in unserem Bestreben mit Roasters United diesen Farmern unsere Wertschätzung und Respekt für ihre Arbeit auf die einzig nützliche Weise zu zeigen, nämlich einen hohen Einkaufspreis für gute Qualität zu zahlen und mit Strukturen zu arbeiten die möglichst viel bei ihnen ankommen lassen.
Tolga