Heute ging es in mir bisher unbekannte Regionen. Schon im letzten Jahr wollte ich nach Loreto um Kallary Muskuy Warmy Wankurishka (Kichwa für "Die alten Träume der Frauen") zu besuchen.
Dies ist eine Frauenkooperative, welche sich seit 12 Jahren in der Region um Tena immer weiter ausweitet. Absolute Führungspersönlichkeit ist die faszinierende Antonia Grefa, eine Kichwa aus der Gegend. Sie hat es geschafft binnen dieser Zeit mehr als 2000 produzierende Frauen zu organisieren, diese mit allen politischen Institutionen der Region zu verknüpfen und ein sehr groß angelegtes Entwicklungshilfeprojekt zu initiieren.
Der US-Amerikanische Entwicklungsdient Catholic Releif Service investierte hier in den letzten 3 Jahren im Rahmen seines grenzübergreifenden kolumbianisch-ecuadorianischen Projektes "Borderlands" eine hohe 6 stellige Summe. 1100 der Bäuerinnen bekamen für jeweils 1 Hektar ihres Landes 825 sehr hochwertige Setzlinge Napo Payamino 2024, guten Dünger und die notwendige Beratung durch qualifizierte internationale Agraringenieure.
Das ehrgeizige Ziel ist es, eine sehr hohe Produktivität und gleichzeitig eine teilweise sehr hohe Qualität für den Spezialitätenkaffeemarkt zu produzieren. Und der Spezialitätenkaffeemarkt soll
wenn möglich direkte Handelsbeziehungen bringen.
Die Berichte von R-Gradern (sowas wie Q-Grading bei Robusta) von der letzten Ernte sprechen von Qualitäten mit einer Score von 82-84 im Top-Bereich.
Wir fuhren morgens bei uns in Tena los und kamen ausnahmsweise sehr gut durch, obwohl es weiterhin in Strömen regnete. Eine 50 km lange Teilstrecke führte uns durch tiefsten Regenwald an hunderten Wasserfällen vorbei. Danach ging es in immer besiedeltere Gebiete bis wir in der "metropole" Loreto ankamen. Dies ist ein echter Mittelpunkt der Region.
Hunderte Geschäfte und gleich zwei Märkte und hunderte Strassenstände und Restaurants drängeln sich in Strassen und Gassen der Stadt mit vielleicht 5000 Einwohnern.
Wir wurden in der Zentrale der Kooperative von der Präsidentin Antonia Grefa sowie ihrer Geschäftsführerin Monika begrüßt, außerdem anwesend waren der Projektkoordinator Jorga Tamayo und Techniker von CRS. Nach kurzer Zeit kam der Bürgermeister mit Bodyguard, Vertreter des Landwirtschaftsministeriums, der Presse, der Regionalregierung, Repräsentanten von 5 weiteren Robustakooperativen, von einer Fischzuchtkooperative (wir bekamen ihr neues sehr gutes Produkt geschenkt: einen heimischen Amazonasfisch aus ökologischer Zucht, eingemacht in Dosen. Ein perfekter Ersatz für Thunfisch und vor allem von 7 weiteren Frauen die als Delegierte ihrer Basiskoperativen kamen.
Kallary Muskuy Warmy Wankurishka ist in 57 Gemeinden organisiert und strikt von unten nach oben in Räten organisiert.
Alle Anwesenden stellten sich vor, und wir diskutierten in großer Runde. Es wurde genau erklärt dass die Farmer sehr gerne direkt vermarkten würden um regionale Zwischenhändler zu umgehen, uns wurden viele Fragen gestellt die wir ehrlich beantworteten.
Fast 2 Stunden saßen wir in großer Runde und tauschten uns aus.
Nach einem Mittagessen (Fischsuppe, Schnitzel, Reis, Linsen) besuchten wir zwei Chacras. Das Land hier in der Gegend ist noch sehr neu besiedelt und daher sind die Chacras häufig sehr groß. Die beiden Familien die wir besuchten haben jeweils 5 Hektar bebautes Land. Um ehrlich zu sein sehen diese sehr professionellen Parzellen für mich weniger wie die sensationell diversifizierten Chacras von Jatari und Rukullakta / Sacha Kuri aus, sondern wie familiär betriebene Öko-Landwirtschaft nach westlicher Art. Basis ist auch hier die Selbstversorgung, aber statt 40-160 Nutzpflanzen stehen hier vor allem Kaffee, Bananen und Yuca. Das ist sehr professionell aber hat halt nicht den Charme dessen was wir von unseren bisherigen Partnern kennen.
Dafür sind aber die Kaffeepflanzen durchweg der Hammer. Der hier nach wissenschaftlicher Auswahl eingesetzte Clone NP2024 bringt sehr gute Erträge. Dies ist schon jetzt 18 Monate
nach der Pflanzung zu sehen. Die meisten Büsche tragen schon jetzt statt wie normal ein Jashr später, teilweise können schon 2-3 Pfund Kirschen geplückt werden.
Wir machten aus, dass wir bemustert werden und dass wir ausführlich in Deutschland über das Projekt berichten. Ich werde auch zuhause mit meinen Kollegen bei Quijote besprechen ob wir einige Sack schon dieses Jahr mitimportieren.
Die Trockenverarbeitung soll wie bei Jatari und Rukullakta bei FAPECAFES geschehen. Auch die Kommunikation innerhalb von Kallary Muskuy Warmy Wankurishka und Rukullakta ist sehr gut, die
Koordination der Aktivitätgen der beiden Kooperativen wird immer besser.
Wir schauten uns noch die Anlage zur Zucht der Setzlinge an und waren auch hier begeistert.
Dieses Projekt wird in wenigen Jahren in der Lage sein, eine sehr große Menge sehr hochwertigen gewaschenen Robusta aus ökologischem Anbau zu produzieren. Sehr interessant ist, dass die Projektleiter trotz ganz eindeutig ökologischem Anbau weder auf das Bio-Siegel noch auf das ebenfalls leicht für das Projekt zu bekommende FLO Siegel setzensondern eher auf den Spezialitätenkaffeemarkt.
Wir quartierten uns im besten Hotel des Ortes ein, dem Gran Hotel Loreto (Einzelzimmer kostet 20 Dollar und es ist wirklich ganz gut...ich bin sehr erstaunt...uns erwarten hier noch ganz andere "Gran Hotels"...) und gehen gleich noch essen.
Fazit des Tages: Antonia Grefa und einige ihrer Kolleginnen sind eine riesige Freude. Die Welt ist definitiv ein besserer Ort mit Menschen wie ihnen. Als sie bei uns im Auto mitfuhren fuhr ich extra noch vorsichtiger als sonst, damit ihnen ja nichts passiert....
Etwas besorgniserregend: nicht nur die Strasse auf der wir vor 5 Tagen ins Tiefland gereist sind ist gesperrt und bleibt es auch noch Wochen, auch der einzig mögliche Umweg (mormal 9 Stunden statt 3) ist momentan durch etliche Erdrutsche verschüttet. Wir wissen absolut nicht wann und ob wir morgen bei den Kollegen der AACRI in Cotacachi ankommen.