Ich begann endlich mal mit Ausschlafen (6:00 Uhr) und ging auf Guayaquils Zentralmarkt zum Frühstücken. Mindestens 100 Stände buhlen hier mit Streetfood um Kundschaft. Ich wählte Saft und Fisch zum Frühstück. Danach verhandelte ich mit einigen Panamahutverkäufern und deckte mich mit schönen Hüten ein. Außerdem erstand ich auf dem Markt ein Modell des unglaublich lässigen Kultkleidungsstücks Guayaquils: das Tropenhemd Guayabera.
Der Messetag verging mit vielen Gesprächen mit anwesenden Kollegen unserer Partnerkooperativen. Wir brauchen nämlich mehr Kaffee als zunächst gedacht. Immer mehr Kollegen aus Europa möchten gerne in die von uns koordinierten Direktimporte miteinsteigen.
Außerdem möchten wir mit der APECAP ein Microlot-Programm auflegen. Besonders gute Lotes aus der besonders guten Microregion “San Juan de Punchis” sollen langfristig gemeinsam entwickelt werden und als Microlotes über die Kooperative vermarktet werden. So soll es unserer Meinung nach mit Microlotes laufen: direkt, transparent, kooperativ, solidarisch und mit langfristiger Perspektive.
Also genau das Gegenmodell zu dem was wir nun teils auf der Messe erleben sollten, nämlich der Präsention der 10 besten Microlotes Ecuadors im Rahmen der “Taza Dorada”. Die Hälfte der prämierten Kaffees (u.a. der Gewinner) wurden auf dem Podium nicht von den jeweiligen Produzenten präsentiert, sondern von den Exporteuren (siehe in meinem Bericht weiter oben, ja es sind dieselben...) Was soll das bitte? Was haben diese Art von Zwischenhändlern in den letzten Jahren für die Qualitätsentwicklung in Ecuador getan? Die gleichen Leute, die früher und heute als Coyotes auftreten lassen sich als Qualitätsproduzenten auf dem Podium feiern wobei sie sich teils nicht mal an die Namen der Bauern erinnern können. Un viele Kollegen kaufen ihnen das (und den betreffenden Kaffee) auch noch ab. Das ist frustrierend und meiner Meinung nach der völlig falsche Weg.
Erfreulich allerdings war, dass die anderen 5 der bestplatzierten Kaffee aus kleinbäuerlichen Kooperativen stammen. Alleine 3 davon von unseren Partnern der APECAP. Dies widerlegt sehr schön die in unserer Branche häufige Annahme, das Kooperativen keine Spitzenqualitäten entwickeln können.
Endgültig gerettet wurde mein Abend noch von Bahadir aus der Hamburger Speicherstadt Kaffeerösterei. Wir gingen zusammen Krebs essen und tauschten uns über unsere Eindrücke der Messe aus.
Nach einer weiteren Nacht in Guayaquil nutzte ich die Möglichkeit meines Aufenthaltes in Bezug auf Fischkonsum noch einmal so weit wie möglich aus. Ich fuhr mit dem Bus und mit Pickups ins 3 Stunden entfernte Fischerdorf Engabao. Hier gibt es noch keine Hotels und Restaurants, mann kann sich bei Fischerfamilien oder in einem kleinen durch einen Local betriebenen Surf-Hostal einmieten.
Im Sandstrand-Hafen von Engabao liegen 350 klassiche Fischerboote mit Außenborder der hiesigen Fischerkooperative die täglich rausfahren. Zwischen 18 und 20 Uhr kehren alle 350 Botte in einer wunderschöner Choreografie wieder mit ihrem Fang zurück und landen inmitten perfekter Surf-Wellen am Strand. Die Boote werden von den Fischern und ihrem Familien entladen und der Fisch wird an Händler verkauft die mit vielen Pickups ins Dorf strömen. Viele kleine Imbisse werden während dieser 2 Stunden aufgebaut und bieten den hungrigen Fischern Streetfood an, viele Familien stellen Tische vor die Türen und bieten frisch gefangenen Fisch. Insgesamt verbrachte ich hier noch 3 sehr schöne Tage mit Nichtstun, Fisch essen und schwimmen.
Insgesamt ließ sich für mich auf dieser Reise feststellen, dass die Kaffeekultur Ecuadors und die Qualitäten des Rohkaffees weiter steigen. Protagonisten dieser schönen Entwicklung sind einerseits sehr gute und moderne Kooperativen von Kleinbauern als auch besonders engagierte Produzenten wie Henry Gaibor und Verena Blaser. Andererseits Baristi, die ihre Aufgabe als Vermittler einer Kultur sehr ernst nehmen und sehr bewusst agieren. Diese Kollegen garantieren dem Spezialitätenkaffee Ecuadors eine gute Zukunft.
Sorgen bereitet mir, dass viele Zwischenhändler und Coyotes nun neben der Massenware auf die Microlotes setzen. Dabei scheinen sie sich keinerlei Gedanken um nachhaltige Strukturen zu machen. Und viele Röster und Importeure begnügen sich anscheinend damit diese Kaffee einzukaufen wie ehemals importierte Standardware anstelle sich selber vor Ort zu engagieren. Daher hoffe ich, dass mich auf meinen kommenden Reisen weiterhin viele Kollegen aus Europa begleiten um unserer Verantwortung als letzter Teil der Produktionskette gerecht werden zu können.