Nach einem üppigen Frühstück im Hotel ging es los zum Flughafen und nach Guatemala. In der Maschine saßen nur ca. 30 Leute, so dass wir es uns in den 75 Minuten Flugzeit über je zwei Sitzplätze ganz bequem machen konnten. Bei der geringen Passagieranzahl war auch die Wartezeit auf das Gepäck so kurz dass wir keine 20 Minuten nach der Landung Rigo und Mynor (Berater / Mitglieder Kooperativen) in Tapachula (Mexiko) begrüssen konnten. Rigo ist seit 2012 Gerrits Ansprechpartner in Guatemala und unser Gastgeber für die ersten Tage. Vom Flughafen aus ging es Richtung Grenze. Das Wort Grenze ist jedoch etwas irreführend. Eigentlich sieht das Ganze eher aus wie eine lange Strasse mit einigen Ständen, Läden mit Zäunen am Fussgängerweg aus. Mit etwas Mühe bzw. dank Rigo, Mynor und seine Söhne fanden wir die Passkontrollstelle. Damit war die Aus-und Einreise geregelt. Da wir nur 3 Tage Mexiko waren, war auch die Gebühr von seitens der mexikanischen Behörden von 306 Pesos hinfällig, die greift erst, wenn man 7 Tage oder länger in Mexiko bleibt. Dannach wurde es dann aber etwas spannender und verrückter. Die Frage, ob und wo wir Geld tauschen war schnell hinfällig, da wir sobald aus dem Einreiseposten heraus, von einem stämmigen Mannn mit einem dicken Geldbündel wedelnd umworben wurden. Unsere Begleiter empfahlen uns unsere restlichen Pesos zu tauschen und gleich auch noch ein paar Dollar zu wechseln. So standen wir mitten auf der Strasse und schoben uns, von einem Taschenrechner und Mynor unterstützt die Geldscheine hin und her. Nachdem das erledigt war, ging das Warten los, ein LKW beladen mit einem Auto und Anhänger plus Boot versperrte uns die Weiterfahrt. Letztendlich ging es dann doch voran und die Grenze konnte dank eines "selbstgebastelten" Ausweises von Mynor passiert werden. Zur Sicherheit wurden die Autoreifen von den engagierten Grenzbesamten mit einem Insektizit abgespritzt.
Nach einem Stopp bei einem Grillimbiss (Fleisch, Zwiebeln, Tortillas, Salsa, Bohnen, Guacamole) und insgesamt 4h Autofahrt erreichten wir Santa Anita, die Kooperative in der Rigo Mitglied ist.
Rigo ist einer von 10 Farmern der Kooperative Santa Anita. Ursprünglich bestand Santa Anita aus 32 Farmern, gegründet 1999. Stark geprägt von kommunistischen Idealen ging die Zusammenarbeit nur neun Jahre gut. Danach spaltete sich die Gemeinschaft, 22 Farmer wendeten sich vom Kaffeeanbau ab, 10 blieben dabei. Die treibende Kraft der 10 Farmer ist Rigo, Ex-Guerilla Führer, 1,50 m geballte Energie. Das Ergebnis der 10 Farmer im laufenden Erntejahr wird ungefähr 40 Sack (Pergamino) betragen, nicht viel, aber besser als gar nichts. Jeder der Farmer hat 1-2 ha zur Verfügung. Gemeinsam mit zwei weiteren Kooperativen ist Santa Anita Bio-zertifiziert. Insgesamt kostet die Gruppe das Gruppenzertifikat 3000 US$ / Jahr. Um den Kontext besser zu verstehen, muss man bedenken, dass das Einkommen pro Monat ca. 150 - 200 USA Dollar / pro Arbeiter beträgt.
Unser Besuch ist Anlass für 8 Kooperativen von Kaffeeproduzenten Delegierte nach San Marcos zu Santa Anita zu schicken. Ebenso werden morgen "Planeta Uno" (Exporteur) und "as green as it gets" (Exporteur / Non-Profit Organisation) zu einem grossen Meeting kommen. Ziel ist es die Bedürfnisse der Einzelnen zu kommunizieren, das Verständnis für einander zu verstärken und für Austausch zu sorgen. Dazu gehört selbstverständlich auch ein Cupping. Ein mobiles Cupping Labor soll das ermöglichen, wie das genau aussieht - keine Ahnung, im Moment sieht es jedoch so aus, das ich das Cupping leiten werde. Diese Überraschung ist unseren Gastgebern schon einmal gelungen. Die Erwartungen sind immens. Die Produzenten werden zum Teil sehr weite Wege (4 - 5h per Bus und zu Fuss) auf sich nehmen um mit uns zu sprechen. Im kürzlich fertig gestellten Beneficio soll es morgen um 8.00 Uhr losgehen!
Gerrit und ich sind wie gesagt Gast bei Rigo. Rigos Haus ist ein einfaches, kleines Steinhaus ohne Fenster (Glas), die entsprechenden Freistellen sind mit Stoff und zum Teil Mosquitonetzen verhängt. Es gibt insgesamt 4 Räume insgesamt ca. 35 -40 m2. In einem Raum wird Gerrit schlafen, in einem Rigo, seine Frau, Tochter und ein Pflegekind, in einem ich. Das Badezimmer (Toilette, Waschbecken, Dusche) ist nach zwei Seiten offen, ein Vorhang sorgt für etwas Privatsphäre. Rigo hat uns die Betten abgetreten, wir können also den Betten-Luxus genießen, er und seine Familie schlafen auf dem Boden. Müde und gespannt gehen wir schlafen.