Am selben Tag (Freitag, 04.10.2024) habe ich mich mit Gerly, der Chefin vom Beneficio Seco (Lager und Verarbeitungshalle zum Export der COMSA ) und Julissa der Chef-Cupperin getroffen.
Wir haben fast zwei Stunden über die Optionen und Notwendigkeiten zur Dokumentation für die neue EU-Verordnung gesprochen.
Die Anforderungen der EU sind besonders im Hinblick auf die Verarbeitung eine große Herausforderung, besonders wenn eine Firma (z.B. Quijote) Schwerpunktmäßig große Kaffeemischungen (Blends)
einkauft.
Danach sind wir zusammen essen gegangen. Die Erdbeershakes und die vollen Teller hatten wir uns mehr als verdient.
Am Samstag habe ich dann die Finca Las Brisas von Pedro Antonio Martinez Rodriguez besucht.Seit Jahren schafft es Pedro auf seiner 2 Hektar großen Finca konstant außergewöhnliche Qualitäten mit seinen Natural-Kaffees zu reproduzieren.Bei meiner Reise im Mai, war Pedros Finca die Einzige, die ich nicht besuchen konnten, die Zeit war zu schnell vergangen. Ich hatte ihn damals versprochen, dass ich seine Finca bei meinem nächsten Besuch auf jeden Fall besuchen werde. Ich bin sehr froh, dass ich dieses Versprechen einlösen konnte.Die Finca ist ein wahrer Traum und hat sowohl den Luxus sowohl kleine Bäche zu beherbergen als auch Wasser aus einer Bergquelle zu bekommen. Abgesehen von Kaffeepflanzen gibt es viele Obstbäume, Blumen, Gräser, Gemüsepflanzen, Bohnen und einige Schattenbäume.Auf den eigens gemalten Schildern der Finca ist immer auch ein Eichhörnchen zu sehen. Auf der Finca leben zwei verschiedene Arten von Eichhörnchen, unter anderem auch graue „Riesen-Eichhörnchen“. Pingo hatte auf einer Ecuadorreise einmal das Glück eines aus kurzer Distanz zu sehen und zu fotografieren. So viel Glück hatte ich leider nicht. Aber unzählige Vögel, Bienen und Schmetterlinge. Der Gemüsegarten auf der Finca umfasst Chilis und Tomaten.Natürlich muss auch in diesen Bereichen das Unkraut mit Machete ein Ende bereitet werden.Ein Bereich mit Chilibeeten wurde beim Besuch gerade mit der Machete bearbeitet.
Lucio (über 60 Jahre), einer der Arbeiter der Finca benötigt ca. einen Tag, um eine Fläche von 40 x 100 m zu säubern. Am Ende des Tages stehen nur noch die kleinen Chilipflanzen in ihren Reihen aufrecht da. Ich habe schon beim Zuschauen Rückenschmerzen bekommen, Lucio hat nur gelacht, als ich meinte, dass ich nach einer Stunde mit dieser Arbeit mich vermutlich am nächsten Tag nicht mehr bewegen könnte. Für ihn ist es eine Option, um Geld verdienen zu können und seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.Immer wieder interessant finde ich, dass bei diesen Gelegenheiten der Besitzer fragt, wie viel er schuldet, der Arbeiter sagt einen Betrag, der Besitzer der Finca öffnet sein Portemonnaie und übergibt den genannten Betrag. Beide wissen, was wer von wem bekommt, aber es ist mit Sicherheit immer jeder Woche das gleiche Prozedere.Sie geben sich die Hand, lächeln, noch etwas Small-Talk und verabschieden sich.
Wir sind kreuz und quer über die Finca gegangen, aufgrund des Regens der vergangenen Wochen war der Boden so feucht, dass meine Gummistiefel stellenweise bis weit über die Knöchel im Schlamm
versunken sind.
An einer Stelle der Finca gibt es eine Parzelle mit 7–8-jährigen Kaffeepflanzen der Varietät Bourbon. Die Pflanzen sind hochgewachsen, Pedro hat eine besonders große Pflanze zuerst an den Zweigen
herabgezogen, sodass er an die Spitze der Pflanze gelangen konnte, dann hat er sie komplett nach unten gezogen. Dadurch formt die Pflanze einen Bogen. Mit gesunden Kaffeepflanzen kann man „solche
Spielchen“ machen, bei gestressten und unterversorgten Pflanzen ist das Risiko sehr hoch, das die Pflanze bricht. Wir haben bei uns bei Quijote im Verkostungsraum auch eine Kaffeepflanze namens
„Herbie“. Herbie war ein tolles Geschenk von unserem lieben Röster-Kollegen Lukas Deliano (https://www.deliano-kaffeeroesterei.de/), mittlerweile ist unsere eigene Kaffeepflanze so hochgewachsen, dass sie wiederholt beschnitten werden
musste. Herbie kann man auch bis zum Boden herabbiegen, dieses Jahr gab es sogar eine gute Ernte (ca. 500 g Kirschen). Arabica Kaffeepflanzen können sich selbst befruchten, so dass eine Pflanze
ausreicht.
Herbies Ernte reicht am Ende gerade einmal für eine kleine Tasse an Kaffee für jedes der Mitglieder des Quijote Kollektives.
Eine Pflanze auf einer Finca kann, wenn sie im guten Zustand ist, 15 kg oder sogar noch mehr an Kaffeekirschen einbringen.
Wir sind zu dritt über die Finca gegangen. Pedros Tochter Yadira hat uns begleitet. Sie ist Mitte 20 und hat vor zwei Jahren Ihr Jurastudium erfolgreich abgeschlossen.
Yadira unterstützt ihre Eltern bei jeder Ernte und hilft maßgeblich bei der Dokumentation der Temperaturen und Notizen bzgl. der Aufbereitungsdetails und der Besonderheiten während der
Trocknung.
Pedro ist jetzt 50 Jahre alt und im Gegensatz zu seiner Tochter hatte er nicht die gleichen guten Chancen auf Bildung, wodurch er deutlich eingeschränkt ist im Hinblick zum Beispiel auf
Schreiben. Dieser Entwicklungssprung innerhalb einer Generation ist in dieser Altersklasse weit verbreitet. Auch wenn es nach wie vor sehr viele Familien hier in Honduras gibt, die noch nicht so
viel Chancen oder Glück hatten.
Während wir über die Finca gingen, aßen wir frisch gepflückte Pflaumen, zurück am Auto gab es dann noch einen tollen Obstsalat aus Melonen und Papaya, den Pedros Frau für uns vorbereitet
hatte.
Wie die Tage zuvor gab es keinen Regen. Was sehr untypisch ist für die aktuelle Jahreszeit. Im Winter regnet es hier wie anfangs beschrieben, sehr viel. Seit meiner Ankunft hier habe ich
allerdings noch keinen Regen erlebt. Aber ich bin darauf vorbereitet, Regenhose, Gummistiefel, diese Dinge sind in Hamburg auch sehr hilfreich.
Die Rückfahrt nach Marcala dauerte etwas länger als eine Stunde. Wie legten noch einen kurzen Zwischenstopp bei den Trocknungszelten von Pedro ein. Die Kaffeekirschen für den Natural können z.B. auf großen Holzgestellen mit gespannten Nylon-Netzen getrocknet werden. Es gibt unzählige Varianten davon, ebenso wie es in Deutschland zig Typen von Gewächshäusern gibt.Aufgrund von den Stürmen und Regen in den letzten Wochen und dem „Zahn der Zeit“ muss Pedro zur nächsten Ernte 2 von 4 Secadoras erneuern. Einen teilweise, den anderen leider komplett. Das Ganze wird ca. 600 € kosten und der Neuaufbau 2T age bzw. maximal eine Woche dauern, je nachdem wie viele Hände Pedro dabei helfen werden.Sowohl bei der Hin-, als auch Rückfahrt hat Pedro Personen auf der Ladefläche mitgenommen. Es ist eigentlich verboten, aber es gibt unzählige Menschen hier, die kein eigenes Auto oder Motorrad haben. Öffentliche Verkehrsmittel auf dem Land gibt es nicht. Zwischen den Städten gibt es Busse oder sogar Reisebusse, die Qualität dabei ist von luxuriös bis lebensgefährlich… aber das war es dann auch. Es gibt Taxis und Tuk Tuks, aber die funktionieren nur in den Städten. Im Umland bleibt daher meistens nur laufen, als Fortbewegung übrig. Und die Strecken sind teilweise, schwierig, gefährlich und oft sehr, sehr lang. Jede Option auf eine Mitfahrgelegenheit ist eine immense Unterstützung, erst recht, wenn der Fahrer keinen Obolus einfordert. Was Pedro immer lächelnd bei Nachfrage ablehnte.
Zurück in Marcala haben wir in kleiner und gemütlicher Runde bei Pedro zu Hause Mittag gegessen. Traditionell gibt es eine Hühnersuppe und dazu separat Reis und Tortillas.
Wir haben uns noch einige Zeit über die vergangene Ernte und dann über die kommende Ernte und dies und das Unterhalten. Zum Abschluss habe ich Pedro gebeten, mir seine Kaffeepflanze im Garten zu
zeigen. Pedro und seine Familie haben das Haus in Marcala erst vor wenigen Jahren bezogen, damit er wenigstens ein kleines bisschen von seiner Finca zu Hause hat, ist auch eine Kaffeepflanze mit
nach Marcala gezogen. Grinsend und voller Stolz hat er sie mir gezeigt, auch an dieser Pflanze sind Kirschen, auch wenn sie in der Menge nicht ansatzweise mit ihren Verwandten auf der Finca
mithalten kann.
Egal, trotzdem ein schöner Moment und insgesamt ein toller Tag.