Ecuador 2022 (2)


Tag 7 (08. November)



 

Wir fuhren um 6 Uhr morgens schnell aus Guayaquil hinaus und innerhalb von 7 Stunden über Machala und über die Anden nach Catamayo bei Loja. Unterwegs aßen wir viel Obst. In Catamayo hat FAPECAFES, der Verband von 6 Kooperativen (darunter unsere Partnerkoops ACRIM und APECAP) sein Verarbeitungszentrum. Alle unsere Kaffees werden hier für den Export aufbereitet (gedroschen, gereinigt, selektiert und sortiert), eingesackt und in die Exportcontainer gepackt. Da wir schneller als geplant hier ankamen (wir wollten zuerst schnell weg aus Guayaquil und dann schnell ankommen), verabredeten wir uns mit den Zuständigen bei FAPECAFES. Wir besprachen mit Luis Eduardo (Manager), Oliveros Alberca (Prasident), José Apolo (Verkoster, Produktionschef) und Daniel Jiminez (Zertifikate und Nachvollziehbarkeit) die aktuellen Herausforderungen und Möglichkeiten der Verbesserung unserer Zusammenarbeit.

Das Treffen in der exzellenten Anlage von FAPECAFES war eines der besten, konstruktivsten und effizientesten Treffen meines Lebens als Kaffeemensch. Dieser Verband ist großartig und die Leute sind top motiviert und gut ausgebildet. Der neue Präsident ist wirklich gut. Wir haben so viele und teils auch sehr kritische Themen in nicht mal zwei Stunden besprochen, dass ich danach echt erstaunt und erfreut war.

Für die Öffentlichkeit ist vielleicht am interessantesten, welche Probleme und Herausforderungen die hohen (und zwischen Mai und September nochmals stark angestiegenen) Kaffeepreise mit sich bringen: Die Kaffeepreise, zu denen uns die Kooperativen ihren Kaffee anbietet, werden meist kurz vor Beginn der Ernte mit uns sowie den anderen Käufer*innen ausgehandelt. Es gibt zwei Modelle: Zum einen den Festpreis und zum anderen ein bestimmtes Differential zum Weltmarktpreis zum Zeitpunkt der Lieferung. Wenn der Weltmarktpreis z.B. dann 210 $ pro Zentner beträgt und wir ein Differential von 140 ausgemacht haben, müssten wir dann 350 Dollar zahlen. In Ecuador hatten wir, wie die anderen Käufer auch, einen Festpreis ausgemacht. In unserem Fall 370 $ pro Zentner.

Das war im späten Frühling. Die Kooperative plant auf dieser Basis den Preis, den sie ihren Mitgliedern für den Kaffee zahlt. Wenn sich nun aber der Preis auf dem Weltmarkt zwischen Vertragsunterzeichnung und Lieferung deutlich verteuert, hat die Kooperative ein großes Problem. Zwischenhändler können dann nämlich mehr bezahlen als die Kooperative. Sie haben nämlich keine wirklichen Kosten UND können den Kaffee sofort zu tagesaktuellen Preisen weiterverkaufen. Wenn nun die Mitglieder der Kooperativen ihrer eigenen Organisation gegen über nicht wirklich loyal sind, dann ist ihnen oftmals „ihr Hemd näher als ihre Hose“ und sie verkaufen ihren Kaffee, trotz fester Zusagen ihrer eigenen Organisation gegenüber dann schon mal an denjenigen, der den höchsten Tagespreis zahlt. Das passierte dieses Jahr hier leider allzu häufig.

Die Kooperativen bieten ihren Mitgliedern über das Jahr Schulungen und Beratungen zu Anbau, Agromomie, Prozessen, Qualitätsentwicklung, Wirtschaft, Vermarktung usw. Darüber hinaus bieten sie ihren Mitgliedern auch Vorfinanzierungen und Kredite, verbilligten Kauf von Materialen, Maschinen und eigenen Biodünger zu Großhandelseinkaufspreisen. Sie bieten garantierte Mindestpreise auch in schlechten Zeiten und Ausbildungen für Jugendliche.

Hier konkurrieren unserer Partnerkoops ACRIM und APECAP mit drei Käufergruppen, die allesamt keine derartigen Kosten haben und den Produzent*innen außer Geld meist auch nichts bieten. Diese können in Jahren wie jetzt einfach schmarotzen und müssen nichts tun, außer Geld zu bezahlen. Sie fahren einfach mit Kleinlastern und Pickups direkt zu den Produzent*innen auf die Fincas und zahlen Cash gegen Kaffee:

 

1.) Klassische internationale Kaffeehandelshäuser. Diese haben zwar ähnlich wie die Koops häufig schon Verträge mit Kund*innen geschlossen, können diese meist aber flexibler anpassen und schneller reagieren. Außerdem haben sie Zugang zu Finanzierung.

 

2.) Nationale Kaffeehändler. In Ecuador sind in den letzten 10 Jahren eine eigene Industrie und auch kleinere Rohkaffeehandelshäuser entstanden.

 

3.) Die organisierte Kriminalität. Sie wäscht ihr Geld gerne mit Kaffee und muss dabei auch gar nichts verdienen. Sie kalkuliert sogar mit Kosten von 15 bis 20 %. Sie kauft den Kaffee an und gibt ihn einfach an eine der beiden obigen Gruppen weiter. Diese fragen sehr häufig dann auch nicht nach, wenn die Tassenqualität in einem attraktiven Verhältnis zum Preis steht.

 

Es ist uns völlig klar, dass immer zwei dazugehören. Aber es ist trotzdem frustrierend zu sehen. Abends gingen wir die Spezialitäten von Catamayo in einer wirklich guten Straßenkneipe essen: "Arvejas con Guineo" (eine Hülsenfrucht-Avocado-Suppe) und "Cecina": Das ist marinierter (Salz, Knoblauch, Achiote, Paprika), sonnengetrockneter und geräucherten Speck, auf Holzkohle gegrillt, mit marinierten gehobelten Zwiebeln, Ají und selbstgemachter Mayonaise. Wir übernachteten in einem einfachen Hotel in der Innenstadt.