Ecuador 2022


Tag 7

Jatari, der gute Aufstand

Der Tag begann mit dem Lesen guter Nachrichten. Die Regierung geht weiter auf die soziale Bewegung ein und reduziert und begrenzt die Preise für Diesel und Benzin. Im Verlauf des Tages trafen sich dann Vertreter*innen von der CONAIE und der Regierung um weiter zu verhandeln. Die CONAIE verlangt weitere Zugeständnisse beim Moratorium für Bergbau und bei den Treibstoffpreisen und teilt mit, dass die anderen Punkte auch später in Arbeitsgruppen verhandelt werden können. Desweiteren sorgte die indigene Bewegung heute dafür, dass alle privaten (zur individuellen Bereicherung angelegten) und nicht durch die Bewegung legitimierten Straßensperren aufgehoben wurden. Durch die offiziellen Straßensperren werden seit heute alle Transporte mit Gasflaschen und Lebensmitteln durchgelassen. Auch private Fahrzeuge kommen nun immer häufiger durch.

 

Wir machten uns um 7 Uhr mit Roberto von der ENGIM wieder auf den Weg. Mit einem ENGIM-Auto bis zur Brücke über den nicht mehr ganz so reißenden Rio Napo, zu Fuß durch die schon morgens gut besetzte und massive Blockade und dann auf der Ladefläche eines Pickup in den Hafen Punta Ahuano, mit dem Kanu übergesetzt und mit einem Taxi zu Jatari (Kichwa für "Aufstand"). Auch heute sind schon morgens um 8 Uhr 25 Mitglieder da, die Hälfte davon Jugendliche. Der Tag sollte dem Abgleich unserer Erwartungen und dem Austausch bei Kaffeedreschen, Sortieren, Selektionieren, Rösten und Zubereiten dienen. Da ich meinen Freund und Kollegen Michael Prem (Prem Frischkaffee aus Wien) als Begleitung habe, konnte ich mich zurücklehnen und musste nur beim Dreschen und Selektionieren der Fehler assistieren. Den Rest erledigte Michael. Ich hatte dadurch Zeit für sehr viele gute Gespräche.

Die gesamte Zeit waren 20 bis 25 Mitglieder höchst interessiert an der Fortbildung beteiligt. Diese Wissbegierde ist eine echte Freude. Eine noch größere Freude war das Ergebnis der Kaffeezubereitung in der Verkostung des selektionierten Kaffees. Lavazza hatte zuletzt auch Muster angefordert und den Kaffee mit 85,25 Punkten nach SCA bewertet. Dieses Ergebnis bestätigte sich heute. Noch nie haben wir einen so herausragend guten Robusta getrunken der kein Microlot war: Süß, beerig, körperreich, malzig, kakaoig. Fehlerlos. Komplett hier bei Jatari
hergestellt, so werden wir dieses Jahr 20 Sack importieren (bis auf die Röstung, aus Frischegründen).

Dieses Ergebnis bestätigt und belohnt das mittlerweile 15 jährige Bestreben dieser indigenen Kooperative. Sie waren vor 15 Jahren weltweit die erste Kooperative überhaupt die gewaschenen Spezialitätenrobusta produzierte und Quijote war der erste Käufer. Nun sind sie mit Sicherheit weltweit die einzige Kooperative mit eine relevanten Menge an Kaffee dieser Qualität. Und die Bedingungen hier sind wirklich nie die einfachsten gewesen. Mitten im Amazonas-Dschungel und meist nur mit Kanus zu erreichen. Ohne finanzielle Ressourcen. Diese Geschichte reflektierten wir heute gemeinsam und spürten großen Stolz auf das Erreichte. Das ist ein wirklich schönes Gefühl. Wir hoffen sehr, dass uns der Kaffee noch dieses Jahr erreichen wird und dass wir ihn dann gemeinsam feiern können.

Insbesondere die starke Präsenz die Jungendlichen und ihr riesiges Interesse lassen uns mit großer Zuversicht in die Zukunft schauen. Wir stehen mit fünf der Jugendlichen nun in ständigen Austausch und haben uns auf wöchentliche Updates der Situation vor Ort per Messengerdiensten
geeinigt. Auch das hätte vor einem Jahr noch nicht geklappt. Internet kam nämlich erst 2021 per Kabel und auch per Netzempfang hier in Ahuano an. Nach unserer kurzen zweitägigen Anwesenheit wurden wir wirklich herzlich verabschiedet (wir sind uns jeweils sehr bewusst, was wir aneinander haben) ging es wieder zurück nach Tena. Per Pickupladefläche, Kanu, Pickupladefläche, zu Fuß durch die Sperre, ENGIM-Auto....

 

Weiter zu Tag 8>>>